Fakt oder Fiktion | Verbreitete Missverständnisse über den Planeten Erde

Auf den ersten Blick scheint die Erde eine perfekte Kugel zu sein, besonders wenn wir sie aus dem Weltraum betrachten. Bei genauerer Untersuchung wird jedoch klar, dass ihre Form etwas von einer idealen Sphäre abweicht. Die Erde ist an den Polen abgeflacht und am Äquator ausgedehnt, was von Geodäten als Geoid bezeichnet wird.

Dieser scheinbar unbedeutende Unterschied in der Form ist von großer Bedeutung bei genauen Messungen auf der Erdoberfläche. Wenn wir die Erde bei der Berechnung von Koordinaten oder Entfernungen als perfekte Kugel betrachten würden, würden wir Ungenauigkeiten erhalten, die in der Navigation, Geodäsie und anderen Bereichen kritisch sein könnten. Beispielsweise berücksichtigen Satellitennavigationssysteme wie GPS die elliptische Form der Erde, um eine hohe Genauigkeit bei der Standortbestimmung zu gewährleisten.

Die Ursache für diese Form ist die Erdrotation um ihre Achse. Diese Rotation erzeugt eine Zentrifugalkraft, die den Planeten in der Äquatorregion leicht „aufbläht“. Darüber hinaus ist die Masse der Erde ungleichmäßig verteilt, was ebenfalls ihre Form und ihr Gravitationsfeld beeinflusst.

Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als würde die Lufttemperatur mit zunehmender Höhe stetig und gleichmäßig sinken. Tatsächlich ist das bis zu einem bestimmten Punkt auch der Fall: Bis zu einer Höhe von 11 Kilometern sinkt die Temperatur etwa um 6,5 °C pro Kilometer, bis sie bei etwa 11 Kilometern eine Temperatur von ungefähr –56,6 °C erreicht.

Doch die Erdatmosphäre ist nicht einfach eine einheitliche Luftschicht, sondern ein komplexes System, das in mehrere Schichten mit unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften unterteilt ist. Ab einer Höhe von 11 Kilometern beginnt die Stratosphäre, in der sich die Temperatur anders verhält. Im Bereich zwischen 11 und 25 Kilometern bleibt die Temperatur nahezu konstant.

Zwischen 25 und 40 Kilometern hingegen steigt die Temperatur überraschenderweise an und erreicht etwa 0,8 °C bei einer Höhe von etwa 40 Kilometern. Auf dieser Höhe bleibt die Temperatur bis zu etwa 55 Kilometern konstant.

In der Mesosphäre beginnt die Temperatur dann erneut zu sinken, um etwa 0,25–0,3 °C pro 100 Meter Höhe. Auf einer Höhe von etwa 90 Kilometern erreicht das Thermometer -90 °C — das ist der kälteste Abschnitt der vertikalen Temperaturverteilung in der Atmosphäre.

Aber das ist nicht das Ende der Temperaturschwankungen. Oberhalb von 90 Kilometern, in der Thermosphäre, beginnt die Temperatur wieder zu steigen und erreicht in Höhen von 200–300 Kilometern beeindruckende Werte von etwa 1500 Kelvin (ca. +1226 °C). Danach bleibt sie in größeren Höhen nahezu konstant.

Diese Temperaturschwankungen sind mit verschiedenen Prozessen in jeder Schicht der Atmosphäre verbunden. In der Stratosphäre beispielsweise wird der Temperaturanstieg durch die Absorption ultravioletter Strahlung durch die Ozonschicht verursacht, während in der Thermosphäre die Absorption der Sonnenstrahlung durch verdünnte Gase verantwortlich ist.

Das Verständnis der tatsächlichen Temperaturverteilung mit der Höhe entlarvt nicht nur gängige Missverständnisse, sondern hat auch praktische Bedeutung. Es ist wichtig für die Luftfahrt, Raumfahrt und Meteorologie, um Wetterbedingungen vorherzusagen und die Sicherheit von Flügen zu gewährleisten. Die Erdatmosphäre ist ein komplexes und dynamisches System, das voller unerwarteter Veränderungen und erstaunlicher Phänomene steckt, die weiterhin die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern und Forschern auf sich ziehen.

Es mag logisch erscheinen, dass die Schwerkraft stärker wird, je tiefer wir in die Erde eindringen. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Je näher man dem Erdmittelpunkt kommt, desto schwächer wird die Schwerkraft, bis sie im Zentrum auf null abfällt. Das liegt daran, dass die Erdmasse uns von allen Seiten umgibt und die Gravitationskräfte sich gegenseitig ausgleichen.

Stellen Sie sich die Erde als eine perfekte Kugel mit gleichmäßiger Dichte vor. In diesem Fall zeigen Berechnungen, dass die Schwerkraft linear mit der Tiefe abnimmt. Doch unser Planet ist viel komplexer. In der Erdkruste gibt es Bereiche mit höherer Dichte und Hohlräume, und auch der Mantel ist in Bezug auf Zusammensetzung und Struktur nicht homogen. Dadurch kann der Schwerpunkt der Erde von ihrem geometrischen Zentrum abweichen.

Das bedeutet, dass der Zustand der Schwerelosigkeit nicht genau im Zentrum des Planeten, sondern etwas abseits liegt — dort, wo sich der tatsächliche Massenschwerpunkt der Erde befindet. Diese Verschiebung beeinflusst das Gravitationsfeld der Erde und wird in geophysikalischen Studien und bei der Modellierung von Prozessen im Erdinneren berücksichtigt.

Viele Menschen glauben, dass der Wechsel der Jahreszeiten auf der Erde darauf zurückzuführen ist, dass sich der Planet der Sonne nähert oder sich von ihr entfernt. Dies ist jedoch ein weit verbreitetes Missverständnis. Tatsächlich liegt der Grund in der Neigung der Erdrotationsachse relativ zur Ebene ihrer Umlaufbahn um die Sonne.

Die Erdachse ist um etwa 23,5 Grad geneigt. Diese Neigung bleibt praktisch konstant, während die Erde einen vollen Umlauf um die Sonne in einem Jahr macht. Aufgrund dieser Neigung erhalten die verschiedenen Hemisphären der Erde zu unterschiedlichen Jahreszeiten unterschiedliche Mengen an Sonnenlicht und Wärme.

Wenn die Nordhalbkugel zur Sonne geneigt ist, ist dort Sommer. Die Sonne steht höher am Himmel, die Tage werden länger, und die Oberfläche erhält mehr Sonnenenergie. In dieser Zeit ist es auf der Südhalbkugel, die von der Sonne abgeneigt ist, Winter mit kürzeren Tagen und einer niedrigeren Sonnenposition am Himmel.

Ein halbes Jahr später wechselt die Situation: Nun ist die Südhalbkugel der Sonne zugewandt und dort ist Sommer, während auf der Nordhalbkugel Winter ist. Der Wechsel der Jahreszeiten wird also nicht durch die Entfernung zur Sonne, sondern durch die Neigung der Erdachse verursacht.

Interessanterweise befindet sich die Erde im Januar, wenn auf der Nordhalbkugel Winter ist, tatsächlich am nächsten Punkt zur Sonne, dem Perihel. Im Juli, wenn auf der Nordhalbkugel Sommer ist, erreicht sie den Aphel, den am weitesten von der Sonne entfernten Punkt ihrer Umlaufbahn. Dieser Unterschied von etwa 5 Millionen Kilometern hat jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Temperatur, da die Verteilung der Sonnenenergie hauptsächlich vom Einfallswinkel der Sonnenstrahlen abhängt, der durch die Neigung der Achse bestimmt wird.

Übrigens hat das Wort „Klima“ direkten Bezug zu diesem Phänomen. Es stammt vom altgriechischen Wort „κλίμα“ (klima), was „Neigung“ oder „Gefälle“ bedeutet. Dies unterstreicht die Bedeutung der Neigung der Erdachse bei der Bildung von Klimabedingungen auf unserem Planeten.

Astronomen unterscheiden verschiedene Arten von Tagen, und das Konzept des „Tages“ ist nicht so konstant, wie es erscheinen mag.

Sonnentage, die wir im täglichen Leben verwenden, werden als die Zeit definiert, die die Erde benötigt, um eine vollständige Umdrehung um ihre Achse relativ zur Sonne durchzuführen. Dies ist der Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden oberen Kulminationen der Sonne — den Momenten, in denen sie am höchsten am Himmel steht. Allerdings sind echte Sonnentage nicht streng konstant. Ihre Länge variiert im Laufe des Jahres aufgrund der elliptischen Form der Erdumlaufbahn und der Neigung ihrer Achse geringfügig. Dies führt dazu, dass die Sonnentage gelegentlich etwas länger oder kürzer sind.

Es gibt auch das Konzept der Sterntage. Wenn anstelle der Sonne ein weit entfernter „unbeweglicher“ Stern als Bezugspunkt genommen wird, dauert die Erdrotation relativ zu diesem Stern etwas weniger lang. Sterntage dauern etwa 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden, also 3 Minuten und 56 Sekunden weniger als durchschnittliche Sonnentage. Das liegt daran, dass die Erde während einer vollständigen Rotation um ihre Achse auch ein Stück entlang ihrer Umlaufbahn um die Sonne zurücklegt. Daher muss sie sich etwas mehr als 360 Grad drehen, damit die Sonne wieder in der gleichen Position am Himmel erscheint.

Diese Differenz zwischen Sonnen- und Sterntagen ist in der Astronomie und Navigation von Bedeutung. Zum Beispiel werden Sterntage verwendet, um Teleskope und Satelliten präzise zu positionieren und Sternenkarten zu erstellen.

Das uns vertraute Zeitmaß mit 24 Stunden pro Tag, 60 Minuten pro Stunde und 60 Sekunden pro Minute ist also eine vereinfachte Darstellung, die im Alltag praktisch ist, aber nicht die gesamte Komplexität der Bewegungen unseres Planeten widerspiegelt. Zeit ist relativ, und ihre Messung hängt vom gewählten Bezugspunkt und vielen astronomischen Faktoren ab. Das Verständnis dieser Nuancen eröffnet faszinierende Aspekte der Funktionsweise des Universums und ermöglicht es uns, die Genauigkeit und Komplexität der Systeme zu schätzen, die wir täglich verwenden.

Es gibt den weit verbreiteten Mythos, dass die Chinesische Mauer das einzige von Menschenhand geschaffene Objekt ist, das mit bloßem Auge aus dem Weltraum sichtbar ist. Tatsächlich ist es jedoch fast unmöglich, sie ohne spezielle Instrumente von der Erdumlaufbahn aus zu sehen. Die Mauer besteht aus Materialien, die in Farbe und Textur mit der Umgebung verschmelzen, und ihre Breite beträgt nur wenige Meter, was sie aus großer Höhe unauffällig macht.

Astronauten der Internationalen Raumstation, die sich etwa 400 Kilometer über der Erdoberfläche befindet, berichten, dass es selbst bei idealen Wetterbedingungen und Kenntnis des genauen Standorts der Mauer äußerst schwierig ist, sie zu erkennen. Dazu sind leistungsstarke Teleskope oder Kameras mit hoher Auflösung erforderlich.

Interessanterweise sind andere von Menschen geschaffene Objekte aus dem Weltraum viel leichter zu erkennen. Start- und Landebahnen internationaler Flughäfen zeichnen sich dank ihrer langen geraden Linien und des kontrastreichen Belags von ihrer Umgebung ab. Die ägyptischen Pyramiden, die sich auf dem hellen Wüstensand abheben, sind aufgrund ihrer Form und des Kontrasts zur Umgebung ebenfalls gut sichtbar.

Viele Menschen glauben, dass der trockenste Ort der Erde die Wüste Sahara ist, bekannt für ihre heißen Temperaturen und endlosen Sanddünen. Doch wenn man Trockenheit anhand der jährlichen Niederschlagsmenge misst, gebührt dieser Titel tatsächlich... der Antarktis!

Ja, Sie haben richtig gehört. Auf dem kältesten Kontinent der Erde gibt es drei einzigartige Gebiete, bekannt als die Trockentäler von McMurdo. Diese Täler sind beeindruckend, weil hier seit mindestens zwei Millionen Jahren kein Regen oder Schnee gefallen ist! Eingeschlossen von Bergen, die den Feuchtigkeitseintritt blockieren, und ständigen starken Winden ausgesetzt, sind diese Täler nahezu eis- und schneefrei und damit die trockensten Orte der Erde.

Mehr über die trockensten Orte auf unserem Planeten erfahren Sie in unserem Artikel „Wo befindet sich der trockenste Ort auf der Erde?“

Viele von uns sind daran gewöhnt zu glauben, dass die Wälder den größten Teil des Sauerstoffs in der Atmosphäre produzieren. Obwohl grüne Pflanzen tatsächlich eine wichtige Rolle im Prozess der Photosynthese spielen, indem sie Kohlendioxid aufnehmen und Sauerstoff freisetzen, sind Wälder nicht die einzigen und sogar nicht die Hauptbeteiligten an diesem Prozess.

In Wirklichkeit sind mikroskopisch kleine Algen, die in Meeren und Ozeanen leben, die Hauptlieferanten von Sauerstoff auf der Erde — der Phytoplankton. Diese winzigen Organismen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, sind für die Produktion von mehr als der Hälfte des gesamten atmosphärischen Sauerstoffs verantwortlich. Die weiten Wasserflächen des Planeten bieten ihnen ideale Bedingungen für die Fortpflanzung und Photosynthese, was sie zu unverzichtbaren Akteuren im globalen Gasaustausch macht.

Lesen Sie mehr darüber in unserem Artikel „Welche Pflanzen produzieren den größten Teil des Sauerstoffs auf der Erde?“

Viele Menschen glauben, dass sich ein Wasserstrudel im Waschbecken auf der Nordhalbkugel in eine Richtung und auf der Südhalbkugel in die entgegengesetzte Richtung dreht. Dieser Irrtum hängt mit dem Corioliseffekt zusammen, der vom französischen Mathematiker Gustave Coriolis 1833 beschrieben wurde. Corioliskräfte beeinflussen tatsächlich die Bewegung großer Wassermassen und Luftmassen auf unserem Planeten. Sie erklären zum Beispiel, warum Flüsse auf der Nordhalbkugel eher die rechten Ufer erodieren und auf der Südhalbkugel die linken, und warum sich Wirbelstürme in unterschiedlichen Richtungen in verschiedenen Hemisphären drehen.

Wenn es jedoch um kleine Wassermengen wie in einem Waschbecken oder einer Badewanne geht, sind die Corioliskräfte kaum bemerkbar. In diesen Größenordnungen hängt die Richtung des Wasserwirbels von einer Vielzahl anderer Faktoren ab: der Form und Symmetrie des Beckens, der Position des Abflusslochs, der anfänglichen Bewegung des Wassers beim Abfluss und sogar von den geringsten Unebenheiten der Oberfläche. Selbst kleine zufällige Einflüsse können bestimmen, in welche Richtung sich das Wasser dreht.

Egal, ob Sie sich auf der Nord- oder Südhalbkugel befinden, das Wasser in Ihrem Waschbecken kann sich sowohl im Uhrzeigersinn als auch gegen den Uhrzeigersinn drehen. Der Corioliseffekt wird erst bei größeren Maßstäben, wie z. B. bei ozeanischen Strömungen oder atmosphärischen Phänomenen, spürbar.